Ein Baum
schwebt über der Erde, seine Wurzeln halten ein quadratisches
Stück Scholle fest. Durch das Loch in der Erde sieht man ein
Stahlgerüst: Der Maler Franz Politzer gibt der Erdkugel ein
Innenleben aus Streben und bestückt die Oberfläche mit hügeligen
Landschaften und einem hellblauen Himmel. Die fiktiven Landschafts-
bilder sind derzeit in der Sommergalerie auf Schloß Lichtenberg
zu sehen. Einige der Ölbilder und Grafiken erinnern stark
an die surrealen
Welten des Belgiers Rene Magritte. Da schwebt ein Fenster
mitten durchs Grün ("Die innere Nacht", 1985), umgreift ein
gläserner Turm einen kleinen Hügel ("Schützender Turm", 1991),
spiegelt ein Brückenbauwerk Teile der Landschaft wider (Veränderndes
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Bauwerk",
1998).Die phantastische Natur ist wohlgeordnet. Es gibt keine
Menschen in Politzers Bildern - und folglich auch keinen Unrat
im Unterholz. Dieser Maler komponiert aufgeräumte Landschaften:
Flüsse nehmen einen Zickzackkurs hin zum lichten Horizont, Hügelketten,
Wäldchen und Berge sind ordentlich aufgereiht. In der "Zerteilten
Landschaft" kreuzt etwa helles Mauerwerk diagonal durch grünes
Gebüsch. Und immer wieder gibt es Durchblicke. Felsen, Pyramiden
oder Mauerbögen geben den Blick frei auf die nächste Landschaft,
auf das Bild hinter dem Bild. Die Besucher der Sommergalerie
müssen auf Menschenbilder nicht verzichten. Galerist Wolfgang
Böhler konfrontiert die "Landschaften ohne Mensch" mit den Plastiken
und Terrakotten des
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Bildhauers
Titus Lerner: "Mensch ohne Landschaft" lautet hier das Motto.
Die Bewegung ist das Thema der Bronzefiguren. Den Oberkörper
nach vorne gebeugt, den Blick starr nach unten gerichtet,
geht es mit weit ausholenden Schritten "Immer voran", so der
Titel einer Arbeit. Bei diesen Bronze-Menschen scheint nur
das Vorwärtskommen zu zählen. Vielleicht hat Lerner deshalb
den "Fort-Schritt" in einer Skulptur mit einem Kopf, vier
Armen und
drei Beinen ausgestattet. Doch grenzenlose Freiheit gibt es
auch in der Plastik nicht: "Ikarus" fallt kopfüber vom Himmel.
Die nutzlosen Flügel der Bronzeplastik sind zwar noch wie
zum Fliegen ausgebreitet, doch der Sohn des Daidalos hat sich
seinem Schicksal längst ergeben. Er stürzt. Die Bronze mit
dem Titel "Beziehungen" zeigt einen Mann und eine Frau. Der
Mann streckt die Hand nach der Frau aus, berührt sie an der
Schulter. Doch sie neigt ihm nur leicht den Kopf zu, ihr Körper
weicht zur Seite aus: Sie läßt sich nicht aufhalten. Als Mensch,
so wird beim Betrachten des Pärchens klar, ist man letztendlich
eben doch alleine. Auch diese Situation hält der Künstler
in der Plastik mit dem Titel "Als Kreatur" fest. Allen Dingen
beraubt, sitzt das Menschlein mit angewinkelten Armen und
Beinen da, rollt sich zusammen wie ein Embryo und sucht die
Wärme in sich selbst.
Sabine S c h i n e r
Bis 7.
Juni; Öffnungszeiten: mittwochs und freitags 14 bis 17 Uhr,
samstags, sonntags und an Feiertagen 10 bis 17 U
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